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Vom Visionär zum Mentor: Daniel Eks Pläne für Europas Tech-Szene

Daniel Ek, Spotify-Gründer und Förderer der europäischen Startup-Szene. (PD)

Vom Visionär zum Mentor: Daniel Eks Pläne für Europas Tech-Szene

Technologie

1.10.2025 | nzz.ch

Vom Visionär zum Mentor: Daniel Eks Pläne für Europas Tech-Szene

Der CEO des Streaming-Riesen Spotify gibt den Chefposten nächstes Jahr ab. Er ist nicht nur ein Vorbild für Jungunternehmer, sondern investiert auch in deren Startups.

Einer reicht nicht. Es braucht zwei Personen, um Daniel Ek an der Spitze des Streaming-Riesen Spotify zu ersetzen. Das schwedische Unternehmen hat angekündet, dass im Januar der Technologiechef Gustav Söderström und Alex Norström, der heutige Chief Business Officer, als Co-CEO übernehmen. Beide teilen ein Büro mit Ek und kennen das Geschäft à fonds.

Ek bleibt dem Unternehmen mit dessen 700 Millionen Kunden als Verwaltungsratspräsident erhalten. Und der europäischen Wirtschaft als leuchtendes Vorbild.

Marktführer aus Europa

Denn Ek hat etwas geschafft, was Seltenheitswert hat: dass ein europäisches Internetunternehmen Marktführer wird und alle Konkurrenten, namentlich Apple, auf Distanz hält.

Dabei verfügt Apple nicht bloss über eine loyale Kundenbasis und tiefe Taschen, sondern kassiert auch 30 Prozent aller Einnahmen, die Spotify mit iPhone-Besitzern erzielt: eine Steuer, die das Apple-eigene Musik-Streaming natürlich nicht zu entrichten braucht.

Doch Spotify liess sich seinen «First mover»-Vorteil nicht mehr nehmen. Eks Unternehmen betrat die Bühne des Musik-Streamings bereits 2008, fast sieben Jahre vor dem Start von Apple Music.

Dieser Zeitvorsprung ermöglichte es Spotify, eine starke Markenidentität aufzubauen, Erfahrungen im Umgang mit Musiklizenzen zu sammeln und eine treue Nutzerbasis zu etablieren. Als Apple Music in den Markt eintrat, war Spotify bereits fest im Bewusstsein der Konsumenten verankert.

Erfolg dank innovativem Marketing

Ein zentraler Baustein des Erfolgs von Spotify ist das «Freemium»-Geschäftsmodell. Nutzer haben die Möglichkeit, den Dienst kostenlos und werbefinanziert zu nutzen. Diese niedrige Einstiegshürde zog Millionen von Kunden an, die den Dienst ausprobierten und ihre Playlists und Musikbibliotheken über Jahre hinweg aufbauen konnten.

Viele dieser Nutzer konvertierten im Laufe der Zeit zu zahlenden Premium-Abonnenten, um die Werbung loszuwerden und zusätzliche Funktionen wie den Offline-Modus freizuschalten.

Apple hingegen startete Apple Music als reinen Premium-Dienst mit einer anfänglichen kostenlosen Testphase. Damit zielte der Tech-Riese auf die bereits existierende, kaufkräftige Apple-Kundschaft ab, verzichtete aber auf das Wachstumspotenzial, das ein kostenloser, werbefinanzierter Dienst bot.

Ek will auch anderen Jungunternehmen in Europa auf die Sprünge helfen. Zu diesem Zweck hat er im Jahr 2020 einen Risikokapitalfonds namens Prima Materia mitgegründet. Über dieses Vehikel sollen 1 Milliarde Dollar aus Eks Vermögen in Technologieunternehmen in der Frühphase fliessen.

Ek investiert in Helsing

Prima Materia investiert namentlich in Helsing, ein deutsches Startup-Unternehmen im Rüstungsbereich. Dieses arbeitet an autonomen Waffensystemen und agiert eher wie ein Softwareunternehmen aus dem Silicon Valley als wie ein klassischer Rüstungskonzern. Helsing ist die aufsehenerregendste Neugründung in Deutschland und hat auch dank der Investition von Ek innert kurzer Zeit einen Wert von 12 Milliarden Euro erreicht.

Dass die USA und China so viel mehr erfolgreiche Jungfirmen hervorbringen als Europa, hat nicht unbedingt mit mangelnder unternehmerischer Initiative zu tun. Sicher aber mit dem fehlenden Risikoappetit: Gemessen an der Wirtschaftsleistung investieren die USA etwa 4,5-mal so viel Risikokapital in Jungunternehmen als die Länder der EU. Und diese Diskrepanz wächst in späteren Phasen noch. Während europäische Startups oft noch eine solide Finanzierung für ihre Frühphase erhalten, trocknet das Kapital bei den folgenden, grösseren Wachstumsrunden schnell aus.

Dagegen gäbe es einfache Rezepte, ebenso wie gegen den nach wie vor fragmentierten europäischen Markt. Ein europäisches Startup, das über sein Heimatland hinaus wachsen will, muss sofort mit 27 verschiedenen Rechtssystemen und über 20 Sprachen umgehen. Diese Komplexität bremst die Skalierung enorm und verschlingt Ressourcen, die ein amerikanisches Pendant direkt ins Produkt- und Marktwachstum stecken kann.

Eine europäische «Mafia»?

In den USA gibt es zudem ein Phänomen, das Ek nun ebenfalls nachzuahmen versucht. Dass erfahrene Gründer in neue Startups investieren und diesen als Mentoren zur Verfügung stehen. Legendär ist die sogenannte Paypal-Mafia. Die Gründer dieses Zahlungsdienstes, zu denen Elon Musk, Peter Thiel oder Reid Hoffman gehören, wurden durch den Verkauf der Firma an Ebay zu Millionären.

Mit diesem Kapital und der gewonnenen Erfahrung gründeten sie die nächste Welle von Tech-Giganten, wie Tesla, SpaceX, Linkedin, Youtube oder Yelp. So schufen sie einen sich selbst verstärkenden Kreislauf aus Kapital, Wissen und Kontakten. Daniel Ek möchte das Gleiche in Europa tun.

Markus Städeli, «Neue Zürcher Zeitung»

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