(Foto: Vishnu Mohanan auf Unsplash)

Technologie
13.8.2025 | Christian Ott
KI-Einführung: Strategie vor Geschwindigkeit
Zwar probieren mehr als ein Drittel der Deutschschweizer KMU erste generative KI-Anwendungen aus, doch es gelingt ihnen selten, KI dann auch im Alltag zu integrieren. Die grösste Hürde ist nicht die Technik, sondern die Vorbereitung.
Rund 38 % der Deutschschweizer KMU probieren aktuell erste generative KI-Anwendungen aus, doch der Sprung in den Alltag gelingt selten. Die HWZ & Swisscom-Studie «Path to a Data-Driven Future» (Februar 2025) zeigt, dass viel getestet, aber wenig skaliert wird.
Häufig fehlt der strategische Rahmen, die klaren Ziele, saubere Daten und eine Organisation, die mit den Resultaten auch arbeiten kann. Wer kein konkretes Szenario für den Geschäftsbetrieb mitdenkt, bleibt im Experimentieren stecken.
Das Muster bestätigt sich auch in meinen Gesprächen mit mittelständischen Unternehmen aus der Immobilienbranche, Ingenieurbüros oder auch Verwaltungen. Die grösste Hürde ist nicht die Technik, sondern die Vorbereitung.
Die drei entscheidenden Fragen
Bevor ein Pflichtenheft geschrieben oder ein Modell gewählt wird, lohnt sich ein konkreter Reality Check:
- Wie soll unser Geschäftsmodell in fünf Jahren aussehen?
- Wo liegen heute die grössten Engpässe?
- Sind die nötigen Daten in ausreichender Qualität vorhanden?
Gerade im aktuellen Hype rund um Tools passiert es schnell, dass man mit der Recherche loslegt, bevor die wirklich wichtigen Fragen geklärt sind.
Erste Einsatzfelder in der Praxis
Drei praxiserprobte, kapitalarme Startpunkte zeigen sich immer wieder:
- Dokumentenklassifikation im Kundendienst
- Absatzprognosen auf Basis vorhandener ERP-Daten
- RAG-gestützte Wissenssuche für den internen Support
Raiffeisen zum Beispiel hat mit «Ask your documents» eine Lösung eingeführt, die es Mitarbeitenden ermöglicht, gezielt Fragen an interne Dokumente zu stellen und sofort passende Antworten zu erhalten. Die Kombination aus Vektordatenbank und LLM unterstützt ein effizienteres Wissensmanagement im ganzen Unternehmen. Lösungsanbieter nennen für vergleichbare Projekte typischerweise einen Aufwand von 20 bis 60 Personentagen.
Start mit Zwölf-Wochen-Pilot in drei Phasen
- Phase 1: Kick-off & Datencheck
- Phase 2: Prototyp & Feedback
- Phase 3: Livebetrieb & Go/No Go Entscheid
Entscheidend dabei sind klare KPI, ein Management-Sponsor und ein Zeitlimit. Resultate sollen hier schliesslich die Konzeptpapiere ersetzen.
Führung und Kultur bleiben die entscheidenden Hebel
Technische Erfolge allein reichen nicht. Entscheidend ist, ob die Organisation bereit ist, Wissen zu teilen, Verantwortung neu zu denken und offen für Veränderungen zu sein.
Rollen und Zuständigkeiten werden sich auf allen Ebenen verschieben. Neue Funktionen werden entstehen, doch im Moment lässt sich kaum sagen, wie diese aussehen werden und was sie langfristig bedeuten. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, wer am Ende die Verantwortung trägt, wenn Assistenzsysteme Fehler machen oder Schäden verursachen.
KI verunsichert nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Führungskräfte. Vertrauen entsteht, wenn offen kommuniziert wird und alle einbezogen werden. Deshalb ist es wichtig, die Belegschaft schrittweise an neue Werkzeuge und Möglichkeiten heranzuführen und den Austausch aktiv zu fördern. Es braucht neben Onboardings und Schulungen zusätzliche Formate, in denen bereichsübergreifend Erfahrungen, Bedenken und neue Ideen gemeinsam reflektiert und weiterentwickelt werden.
Fazit und nächster Schritt
KI entfaltet ihren Nutzen nicht von selbst. Erst wenn Geschäftsziel, Datenlage und messbare Ziele von Anfang an klar sind und die Organisation offen für Veränderung ist, entsteht wirklicher Mehrwert. Wer mit einem kleinen, klar fokussierten Projekt startet, Annahmen prüft und daraus lernt, senkt Risiken und baut Schritt für Schritt einen Vorsprung auf.

Business Software ist ein weitläufiges Feld, es ist nicht einfach, dort die Übersicht zu behalten. Doch hier hilft das «topsoft Fachmagazin» schon seit gut 15 Jahren. Gerade wenn Sie in einer IT-Abteilung arbeiten, sich beruflich mit Informatik auseinandersetzen oder auch auf der Suche nach neuem Know-how sind, ist das «topsoft Fachmagazin» beinahe schon eine Pflichtlektüre. Und das Beste: Sie können es gratis abonnieren.