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Die US-Zölle dürften nächstes Jahr das Wirtschaftswachstum in der Schweiz drücken – aber Deutschland sorgt für einen Lichtblick

Ein grosser Teil der Schweizer Exportindustrie bekommt die US-Zölle zu spüren. Lindt & Sprüngli erwägt, seine Goldhasen bald in den USA zu produzieren. (Adobe Stock)

Die US-Zölle dürften nächstes Jahr das Wirtschaftswachstum in der Schweiz drücken – aber Deutschland sorgt für einen Lichtblick

Wirtschaft

24.9.2025 | nzz.ch

Die US-Zölle dürften nächstes Jahr das Wirtschaftswachstum in der Schweiz drücken – aber Deutschland sorgt für einen Lichtblick

Die Schweizer Wirtschaft werde 2026 nur schwach wachsen, so erwartet es die Konjunkturforschungsstelle (KOF). Vor allem die Industrie leidet.

Donald Trumps 39-Prozent-Strafzoll hat die Schweizer Wirtschaft bis jetzt nicht ins Elend gestürzt. Die Wirtschaftsleistung – gemessen am realen Bruttoinlandprodukt (BIP) – hat sich bis Mitte September solide entwickelt. Dies zeigt ein «Echtzeit»-Indikator zur Wirtschaftsaktivität des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Mithin hat die Schweiz den ersten Monat mit dem 39-Prozent-Zoll, der am 7. August in Kraft trat, relativ glimpflich überstanden.

Dennoch ist klar, dass einzelne Branchen leiden. Vor allem die Exporte der Industrie (ohne die Pharmabranche) in die USA sind im August bereits zurückgegangen und dürften auch in den kommenden Monaten schwach bleiben.

Schwache Konjunktur im Jahr 2026

Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH hat deshalb ihre Wachstumsprognosen für die Schweizer Wirtschaft nach unten korrigiert. Im Jahr 2025 dürfte das reale BIP noch um 1,4 Prozent zunehmen. Für das kommende Jahr werden nur noch 0,9 Prozent erwartet. Damit würde 2026 ein unterdurchschnittliches Jahr.

Warum kommt es nicht noch schlimmer? Auf der einen Seite gehen die Exporte zurück, und die Schweizer Firmen investieren in der Folge auch weniger. So dürfte – im Vergleich mit einer Welt ohne US-Zölle – eine Wertschöpfung von rund 5 Milliarden Franken verlorengehen, was 0,6 Prozent des BIP entspricht. Auf der anderen Seite gibt es auch einen Lichtblick: Die KOF erwartet, dass ab Mitte 2026 wieder stärkere Wachstumsimpulse aus Europa kommen werden. Vor allem mit Blick auf Deutschland sind die KOF-Ökonomen optimistisch. Nach einer mehrjährigen Flaute werde das Nachbarland 2026 zu Wirtschaftswachstum zurückkehren, vor allem wegen der grossen geplanten Staatsausgaben-Programme.

Verlust eines Wachstumsmarktes

Von einem aufgehellten Deutschland-Geschäft dürfte auch die Schweizer Industrie profitieren. Vorerst leidet sie aber noch unter dem Einbruch in den USA. Wie Auswertungen der KOF zeigen, waren die USA in den letzten zehn Jahren der wichtigste Wachstumsmarkt für die Industrie (auch ohne Pharma), während die Geschäfte im Rest der Welt stagnierten. Deshalb tun jetzt die US-Zölle besonders weh.

Ein Beispiel ist die Uhrenindustrie. Schon im Juli – also noch vor dem August-Schock – betrug der effektive US-Zollsatz auf Schweizer Uhren laut der KOF rund 16 Prozent. Der Basiszoll lag im Juli zwar noch bei 10 Prozent, aber auf den Stahl in manchen Uhren verlangten die USA zum Teil einen höheren Zollsatz von 50 Prozent. Die Firmen müssen in ihren Zolldeklarationen nun detailliert den Stahlgehalt in ihren Produkten nachweisen, was das Amerika-Geschäft zusätzlich verkompliziert.

Stagnierender Wohlstand

Es gibt aber auch stützende Faktoren für die Schweizer Konjunktur. Während die exportorientierte Industrie durch ein Tief geht, läuft die Binnenwirtschaft weiterhin robust. Vor allem der Privatkonsum sorgt für stetiges leichtes Wachstum. Er wird einerseits angetrieben durch das Bevölkerungswachstum, anderseits durch steigende Reallöhne. Am Arbeitsmarkt ist der Boom der letzten Jahre allerdings vorbei, laut der KOF werden derzeit nur wenige neue Stellen geschaffen.

Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger ist oft weniger das absolute Wirtschaftswachstum entscheidend als jenes pro Kopf. Rechnet man die Bevölkerungsentwicklung heraus, trüben sich die Aussichten zusätzlich ein. Die KOF erwartet, dass das reale BIP pro Kopf im Jahr 2025 um 0,5 Prozent zunehmen wird. Im kommenden Jahr sollen es 0,1 Prozent sein. Damit würde sich eine Phase mit mehr oder weniger stagnierendem Wohlstand fortsetzen. Seit 2022 ist das BIP pro Kopf in der Schweiz nicht mehr gestiegen.

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