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Die Gen Z stellt hohe Ansprüche an den Job – fühlt sich selbst aber oft überfordert. Eine Analyse

Junge haben es gern flexibel: Sechs von zehn Beschäftigten bevorzugen eine Viertagewoche. (Beth Jnr auf UnsplashUnsplash)

Die Gen Z stellt hohe Ansprüche an den Job – fühlt sich selbst aber oft überfordert. Eine Analyse

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22.9.2025 | nzz.ch

Die Gen Z stellt hohe Ansprüche an den Job – fühlt sich selbst aber oft überfordert. Eine Analyse

«Company ghosting» und «career catfishing»: Mit der jungen Generation halten neue Sitten auf dem Arbeitsmarkt Einzug. Was nun auf die Firmen zukommt.

Die Generation Z bringt neue, gewöhnungsbedürftige Trends in die Arbeitswelt. Dazu gehört das «career catfishing». Immer öfter berichten Firmen, dass junge Bewerber, die einen neuen Job erhalten hätten, am ersten Arbeitstag gar nicht auftauchten. Sei es, weil sie ein besseres Angebot bekommen oder es sich schlicht anders überlegt hätten.

Ein verwandtes Phänomen ist das «company ghosting»: Kandidaten brechen im Bewerbungsprozess den Kontakt ab und melden sich plötzlich nicht mehr. Als Grund für dieses Verhalten nennen Experten den oftmals automatisierten, unpersönlichen Bewerbungsprozess. Somit kopiere die junge Generation die Methoden vieler Firmen.

Diese Haltung äussert sich in einem weiteren Trend, der sich «revenge quitting» nennt. Wer sich im Job nicht zufrieden oder ernst genommen fühlt, reicht abrupt seine Kündigung ein. Das kann so weit gehen, dass etwa ein Kellner mitten in seiner Schicht den Bettel hinschmeisst, um dem Arbeitgeber Unannehmlichkeiten zu bereiten.

Je flexibler, desto besser

Dass die Generation Z, bestehend aus den Jahrgängen 1997 bis 2012, hohe Ansprüche an die Unternehmen stellt, bestätigt eine neue repräsentative Befragung, welche die Zürcher Agentur Klar Employer Branding erstellt hat. «Die Generation Z tritt mit einem grösseren Selbstbewusstsein auf dem Arbeitsmarkt auf als ihre Vorgänger», sagt der Geschäftsführer von Klar, Christian Dietrich.

Beispielsweise forderten junge Leute öfter eine Lohnerhöhung als ältere Mitarbeitende. «Gleichzeitig hat diese Generation auch höhere Erwartungen in Bezug auf die Karriere, die Flexibilität im Job sowie die Sinnhaftigkeit ihres Berufes.»

Gemäss der Studie bevorzugten sechs von zehn Beschäftigten der Generation Z eine Viertagewoche – das ist deutlich mehr als bei den Älteren. Über ein Viertel wünscht sich zudem die Möglichkeit für unbezahlte Ferien oder ein Sabbatical. Laut Dietrich zeigt dies den hohen Stellenwert, den die Erholung und die Selbstbestimmung bei der Arbeit einnehmen.

Weiter fällt auf, dass diese Generation die gebotene Karriere stärker hinterfragt. Ein Drittel der Befragten findet, ihr Arbeitgeber halte die versprochene Förderung nicht ein. Ebenso steht diese Altersgruppe weniger loyal zur eigenen Firma und ist offener für einen Stellenwechsel: Ein Drittel prüft laut der Studie regelmässig die Angebote anderer Firmen. Interessant ist zudem, dass lediglich 52 Prozent Handwerksberufe als attraktiv einstufen – bei der Generation der Babyboomer sind es 82 Prozent.

Der Personalexperte Dominik Huber erlebt die veränderten Einstellungen der jungen Generation regelmässig in Bewerbungsgesprächen. Der Co-CEO der Beratungsfirma Consult & Pepper mit dreissig Angestellten führt dies auch auf den Fachkräftemangel zurück. «Wer neu in den Arbeitsmarkt eintritt, wird stark umworben – besonders Hochschulabgänger. Ausserdem hat die Generation Z besser gelernt, ihre Bedürfnisse klar zu formulieren.»

Kritische Fragen gehören dazu

Die Personalführung werde dadurch anspruchsvoller, dass sich junge Leute eher getrauten, kritische Fragen zu stellen: «Sie sind es nicht gewohnt, stillschweigend Befehle entgegenzunehmen, wie dies früher in einem hierarchischen Umfeld üblich war. Stattdessen erwarten sie eine Erklärung für das Warum hinter ihrer Tätigkeit.» Je nach Beruf, Branche oder Firmenkultur sei eine solche Haltung indes von Vorteil.

Die Analyse der Agentur Klar offenbart allerdings auch Widersprüche: So sagen drei von vier Beschäftigten aus der Generation Z, dass sie sich mindestens einen Tag Arbeit aus dem Home-Office pro Woche wünschten. Gleichzeitig jedoch müssen 45 Prozent eingestehen, dass sie zu Hause nicht effizient arbeiten könnten. «Die Generation will zwar Flexibilität, scheitert aber oft an der praktischen Umsetzung», erklärt Christian Dietrich. «Bei den Älteren ist diese Diskrepanz deutlich kleiner.»

Die Ansprüche der Jungen stehen zudem im Widerspruch zur hohen Belastung, welche sie im Berufsleben vielfach empfinden. Gemäss der Studie finden drei von zehn Befragten, dass sie bald eine Auszeit benötigten. Ebenso fühlen sich 22 Prozent geistig überfordert. Bei der Generation Y (den sogenannten Millennials), welche die Jahrgänge 1981 bis 1996 umfasst, sind es immerhin 17 Prozent. Bei der Generation X dagegen sinkt dieser Anteil auf 7 Prozent, und bei den Babyboomern ist er noch tiefer.

Stress setzt ihnen mehr zu

Die Nachwuchskräfte brächten zwar einen guten schulischen Rucksack mit, so Dietrich, dafür seien sie weniger stressresistent. «In unserer Untersuchung sehen wir ebenfalls, dass ihnen der rasche technologische Wandel Sorgen bereitet.» So fürchtet sich jeder Zweite vor schädlichen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz, und jeder Dritte erwartet gar einen Stellenabbau.

«Wir treffen auf viele junge Leute mit einer psychischen Vorbelastung», bestätigt Verena Rey. Sie ist Personalleiterin der Pflegimuri, des Kompetenzzentrums für Langzeitpflege im aargauischen Freiamt. Man dürfe dies aber nicht nur negativ sehen. «Diese Generation lebt achtsamer und geht offener mit den eigenen Schwächen um. Dagegen haben wir Älteren solche Signale oft unterdrückt, was auf lange Sicht sogar gefährlicher sein kann.»

Vorgesetzte müssten die Bedürfnisse der jungen Generation ernst nehmen, sagt Rey. «Sie sollten ihre Rolle noch stärker als Coach verstehen und die Selbstbestimmung der Mitarbeitenden fördern.» Gerade die Pflegebranche, die unter zunehmendem Personalmangel leidet, ist besonders auf junge Kräfte angewiesen. Doch während Angestellte früher um die zehn Jahre im Betrieb verblieben seien, so müsse man heute froh sein, wenn man jemanden für zwei bis drei Jahre halten könne.

Auch wenn Junge mehr Aufmerksamkeit erfordern: Verena Rey empfindet den Austausch zwischen den Generationen als Bereicherung. Auch sie selbst habe sich kürzlich von einem neuen Trend inspirieren lassen. Nach einer intensiven Weiterbildung gönnte sie sich ein fünfwöchiges Sabbatical. Früher hätte sie kaum einen solchen Schritt gewagt, sagt sie.

Albert Steck, «Neue Zürcher Zeitung»

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